The End of a New Story

Seit 6 Tagen bin ich nun wieder in Deutschland und kann sie noch kaum fassen, diese altvertraute neue Welt. Die letzten Wochen in Südafrika waren atemberaubend. So viele neue Orte und jeder von Ihnen hat so viele Geschichten zu erzählen, so viel Schönheit zu bieten. Von Lesotho nach Durban nach St. Lucia nach Joburg nach Kapstadt nach Cape Agulhas nach… Die Zeit verlangsamt auf Reisen, finde ich. Jeder Schritt und jeder Moment ist einzigartig, es gibt keine Routinen. Das Schwindelgefühl auf der wackeligen Hängebrücke im Tsitsikamma National Park. Der Geschmack von Schokolade mit Salzkristallen auf dem Neighborgoods Market. Der Anblick der herrlichen Proteabüsche in voller Blüte in Stellenbosch. Der Geruch von einem frisch gerauchtem Joint in einer Zwiebelschale im Judah Square. Und Soweto. Meine Freunde aus Orlando West, auf die ich mich (außer in zeitlich sensiblen Angelegenheiten) immer verlassen kann. Das „Sharp sharp!“, das „Eish!“, das „Shame!“. Das entspannte Zusammensitzen beim Braai bei Tracys family in Kempton Park während die Sonne langsam versinkt und über uns die Flugzeuge am Himmel gen Norden starten. Das alles ist Teil meiner Südafrika – Geschichte. Wenn ich daran denke durchflutet mich ein warmes, wehmütiges und zugleich glückliches Gefühl.
Alexander McCall Smith beschrieb dieses in seinem Buch „The No.1 Ladies‘ Detective Agency“ ziemlich genau: I am just a tiny person in Africa, but there is a place for me, and for everybody, to sit down on this earth and touch it and call it their own.

Südafrika, du wirst mir fehlen!

Kapstadt:

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Sonnenuntergang über Lagoon Beach in Kapstadt.
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Gondelfahrt hinauf zum Tafelberg

wp-image--5208492 Blick vom Tafelberg auf Kapstadt

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Meine Travel Buddies: Kathi, Johanna und Inga
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Der älteste Koran Südafrikas: Dieser befindet sich in der Auwal Mosque in dem Stadtteil Kapstadts, welcher seit dem 18.JH von Kapmalaien, also ehemaligen Sklaven aus Indonesien, Mosambik etc. bewohnt wird. Das Bo-Kaap ist ein muslimischer Stadtteil und der erste Imam Südafrikas Tuan Guru hat den Grundstein für die Verbreitung des Islams in ganz Südafrika gelegt, als er den Koran mitte des 18.JH in während seiner Gefangenschaft auf Robben Island aus dem bloßen Gedächtnis niederschrieb.
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Spaziergang durchs Bo-Kaap mit seinen kleinen bunten Häusern
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Im Hintergrund trohnt der Tafelberg
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Erster Abend am Strand bei Sonnenuntergang und Savannas!
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Samstagvormittag auf dem Neighborgoods-Market! Hier machen wir eine Schokoladenführung in der kleinen Produktionsstätte von „Cocoafair“ mit…

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Victor arbeitet seit seiner Kindheit in der kleinen Firma. Früher wurden ihm seine Hilfstätigkeiten in Form von Schokolade ausgezahlt, heute ist er ein passionierter Schokoladenprofi und weiß er uns alles über die Süßigkeit und ihre Entstehung zu erzählen.

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So viele Glückshormone werden selbst beim Anblick schon freigesetzt…wp-image-1376616527 Neben Schokolade und vielen anderen Köstlichkeiten gibt es auf dem Neighborgoods Market auch Proteas zu kaufen. Die Nationalblume Südafrikas gibt es in vielen Formen und Farben.
wp-image-2000249963 Weiterfahrt nach Simons Town. Hier soll es Pinguine geben…

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Tatsächlich! Die streng riechenden kleinen Tierchen haben sich gegen Mittag aufs Land unter die schattigen Dornbüsche verzogen

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Einen Katzensprung weiter: Das Kap der Guten Hoffnung! Hier weht der Wind, das Meer kracht gegen die rauen Felsen und die Sicht ist wunderschön!
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Mit sonnengecremten Gesichtern auf dem Bootsausflug zur Walbeobachtung vor Hermanus.

Nach wenigen Minuten begegnen uns drei der beeindruckenden riesigen Southern Right Whales:

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Wenige Stunden später sitzt Kathi leider schon wieder im Flieger nach Deutschland. Johanna, Inga und ich treffen uns indessen mit zwei Freundinnen zu einer kleinen Wanderung auf den Lions Head (direkt neben dem Tafelberg). Hier kommen nach der Arbeit viele Kapstädter her, um bei einem Picknick den Sonnenuntergang zu genießen. Bei uns war es an diesem Tag leider ziemlich neblig, sodass wir uns beim Abstieg ein bisschen wie im Gruselfilm gefühlt haben – dennoch ein wunderschönes Ziel!

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Mit Pheletso und Lye-Yeng (fast) on top of the world!
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Zum ersten mal Boboti! Wir probieren das südafrikanische Nationalgericht am nächsten Tag am Bo-Kaap. Es besteht aus Reis, Hackfleisch, Rosinen und einer Sauce aus Milch und Ei. Dazu gibt es ein süß-saures Chutney und verschiedene Salate

 

Cape Agulhas:

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Weiterfahrt zum Cape Agulhas, dem südlichsten Punkt ganz Afrikas
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Hinter diesem Stein treffen der Indische und der Atlantische Ozean aufeinander ohne sich zu vermischen
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Trinkt aus Piraten, joho! Hier kommt nur noch Meer, Meer und Meer und irgendwann die Antarktis
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Tolles Strandleben am Cape! Bei einer Wanderung finden wir hier wunderschöne Muscheln

 

Sedgefield:

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Welcome Home! Unser nächster Stop ist Sedgefield. Hier dürfen wir einige Tage lang im Haus unserer Freundin aus Pretoria wohnen und den herrlichen Garten genießen
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… sowie die schöne Natur der Umgebung
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Wanderung in den Koppies von Sedgefield
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Wir lernen einen weiteren Bewohner von Sedgefield kennen. Er ist so groß wie ein Basketball und nicht besonders erpicht auf unsere Bekanntschaft

 

Knysna:

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Wunderschöne Proteas! Kaum zu glauben, dass diese Blumen echt sind

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Unsere Township Tour mit Brother Zeb durch Judah Square in Knysna war ein authentisches und unvergessliches Erlebnis. Er erklärt uns die Rastafari Kultur, zeigt uns den örtlichen Kindergarten sowie eine kleine Kirche, sein Haus (weitere Kulturen im Garten) und den Potshop.
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Joint aus einer Zwiebelschale. Brother Zeb bedient sich im Potshop. Seine eigenen Pflanzen sind noch ganz klein, weil vor kurzem eine Razzia stattgefunden hatte. Die örtliche Polizei hatte Weed im Wert von mehreren Millionen Rand in ganz Judah Square beschlagnahmt und anschließend in der Nähe verbrannt. „All people of Judah Square were very mild that day“ – Kein Wunder!

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Später am Tag unternehmen wir eine Bootstour und Johanna und ich wollen zum ersten mal Austern probieren. Plötzlich bewegt sich der Inhalt der Muschel. „Yes its alive“ sagt die Kellnerin unbeeindruckt und kratzt zu unserem Entsetzen das schleimige etwas aus seinem Gehäuse. Nach langem Hin und her probieren wir jeder ein winziges Stück Auster. Mit ganz viel Zitrone und scharfer Sauce. Igitt.
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Ende der Bootstour! Unser heiß geliebter Touristenführer macht noch ein Gruppenfoto von uns
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Neuer Freund auf dem Farmers Market in Sedgefield

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Ausflug zu den Cango Caves. Die hiesigen Tropfsteinhöhle sind Millionen von Jahren alt. Wir genießen unsere Tour bis uns die Leiterin erzählt dass vor einigen Jahren eine relativ korpulente Frau bei einer der geführten Abenteuer-Wanderungen durch die Höhle in einem engen Spalt stecken geblieben ist. Sie und alle Tour-Teilnehmer die vor ihr den Spalt durchstiegen hatten konnten erst 11h später durch den Einsatz von Vaseline und Gleitmitteln durch die Feuerwehr befreit werden. Der Ehemann der Unglücksseligen hatte schon vor dem wagemutigen Versuch prophezeit, dass seine Frau nicht durch den Spalt passen würde, doch er wurde nicht erhört. Nachdem seine Frau also von ihm Steckenblieb ging er entnervt davon und genehmigte sich im nahe liegenden Restaurant ein Bier…

 

Tsitsikamma:

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Neues Ziel: der Tsitsikamma National Park. Unser Hostel hier ist mehr als schräg aber echt cool! Ziege Baz ist der Boss des Hauses und hat Zugang zu allen Räumlichkeiten…
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Unsere Tagestour über Stock und Stein im National Park: 22km Radfahren und 90min Wandern – am Ende des Tages sind wir völlig platt!

 

Addo Elephant Park:

Wieder mal auf Safari! Mit unserem kleinen Mietwagen holpern wir über die Pisten des Parks. Kurz vor meinem Rückflug nach Deutschland kann ich hier meine Liste der gesehenen Tiere noch etwas erweitern! Neben Impalas, Zebras und Gnus begegnen uns ein Büffel, etliche Warzenschweine, ein oder zwei versteckte Löwen, zwei Schakale, Mistkäfer, eine Puffotter und natürlich zahlreiche Elefanten ❤

 

On tour with Didi…

Hellooo ihr Lieben! Hier meldet sich mal wieder Chrissi, diesmal aus den Drakensbergen. Seit 10 Tagen bin ich wieder mit meiner Didi aus Indien unterwegs! Zusammen erkunden wir seitdem Soweto, Johannesburg, den Pilanesberg Nationalpark (Krüger kann ja jeder!), Clarens und die Drakensberge. Und das ist erst der erste Teil der Reise! Es ist ein tolles Gefühl wieder zusammen unterwegs zu sein. Diesmal Rand statt Rupien, Mietwagen statt Rikscha, Braai statt Biryani. Und auch wir zwei sind natürlich nicht mehr ganz die selben (schlauer und schöner und so weiter…). Doch wenn es darum geht, die Route zu planen, knifflige Situationen mit viel Humor zu lösen und vor allem die einzigartigen Momente unserer Abenteuer gemeinsam auszukosten sind wir unschlagbar wie eh und je! Hier ein kleiner Überblick über unsere bisherigen Stationen…

JOZI:

Erster Abend in Johannesburg mit Kathi. Wir sind im Curiocity BnB untergebracht, das am gleichen Abend auch ein Rooftop Braai im Sonnenuntergang veranstaltet. Perfekter Start in unsere Reise!

Wir besuchen meinen verrückten Kumpel Phiwe, mit dem sich Kathi natürlich sofort bestens versteht 😂
Tour durch die Soweto Koppies mit Phiwe. Diese interessante Pflanze stand jahrelang im Kleinformat bei uns daheim auf dem Badezimmer – Fensterbrett…
Blick über Soweto. Ich freue mich, Kathi mein neu gewonnenes Zuhause zeigen zu können.

Am nächsten Tag zeigt uns Phiwe den Kindergarten, den seine Oma aufgebaut hat und bis heute leitet. Es handelt sich um eine Tagesstätte für Kinder mit Behinderungen wie zum Beispiel Zerebrale Parese oder Autismus. Ein hervorragendes Projekt, das in seiner Art einzigartig in Südafrika ist. Die einzelnen Mitarbeiterinnen stellen uns jeweils ihre Tätigkeitsfelder vor und erklären uns den Tagesablauf in der Kita. Es gibt eine große Küche, in der selbst gekocht wird und einen riesigen, rollstuhlgerechten Spielplatz (habe ich in Deutschland noch nie gesehen!).
Kotta: Pommes, Burgerpattie, frittierte Wurst im Toastbrot. Nicht so mein Ding…

PILANESBERG PARK:

Auf in den Pilanesberg Park! Wir mieten uns ein kleines Auto und starten unser erstes Busch-Abenteuer 3h nördlich von Joburg. Hier laufen Antilopen, Perlhühner und Erdmännchen auf unserem Zeltplatz rum.
Unser Safarizelt! So lässt sichs leben!
Auf den letzten Drücker haben wir uns noch Herd und Topf organisiert für die obligatorischen Nudeln mit Salami-Tomatensauce ♡
Am nächsten Morgen starten wir unsere Safari: Mit unserem kleinen Hyundai holpern wir durch den Park…
…und erspähen Wilderbes, Impalas, Zebras, faule Krokodile, 2 Löwen, Giraffen, 1 Skorpion, Rhinos, 2 verspielte Nilpferde, Warzenschweine und einen Wildhund!
Ein Kingfisher

Kathi und ich auf unserem selbstorganisiertem Bushwalk!

SOWETO:

Wieder zurück in Soweto: Phiwe hat in seinem Garten eine Geburtstagsparty für mich organisiert! Mit Braai und Feuertonne und Glühwein und natürlich ganz vielen Freunden ♡

CLARENS:

Nach Aufräumen und Katerfrühstück düsen wir am folgenden Tag bereits weiter nach Clarens! Ein verschlafenes Örtchen in den Malotibergen, welches bekannt ist für seine zahlreichen Kunstgalerien

Hier sind vornehmlich weiße schicke Touris unterwegs mit ihren Daunenjäckchen, Designer-Hütchen und Mini Hündchen . Und eben Kathi und ich.

Endlich mal wieder Laufen! Tagestour in den Bergen des Golden Gate National Parkes.

Am Ziel angekommen bei Wind und strahlendem Sonnenschein.

Da oben waren wir!!

DRAKENSBERGE:

Weiterfahrt in die Drakensberge: 5 stündige Fahrt durch atemberaubende Landschaften. Unterwegs begegnen uns Wilderbes, Kühe, wilde Pferde und Strauße

Sonnenuntergang über der Sani Lodge, unserer neuen Unterkunft. Diese liegt wunderbar abgeschieden. Mitten in den Bergen. Klirrend kalte Nächte und klare Sternenhimmel. In der ferne liegt Schnee auf den Berggipfeln.

Auch hier gehts wieder auf Wanderung! Wir besorgen uns ein Permit und eine Wanderkarte und los gehts hinauf auf die Hochebene der Berge. Hier ist die Vegetation karg, Bäume gibt es keine, nur vereinzelt Zuckerbüsche und Gräser, sowie ab und zu kleine Strohblumen und pinke Krokusse als Farbklekse in der Landschaft.
Blick auf den verschneiten Sanipass. Auf der anderen Seite liegt das Königreich Lesotho

Als wir das Plateau hinabsteigen, gelangen wir an einen Miniwasserfall und einen kleinen Fluss. Natürlich verändert sich die Landschaft dadurch schlagartig! Es begegnen uns Baboons und Bergziegen, sowie ein tollkühner südafrikanischer Wanderer, der nackends in das angestaute (eiskalte) Flusswasser springt.

LESOTHO:

Ein Tagesausflug führte uns heute über den steilen Sanipass hinauf nach Lesotho. Wir besuchen den höchsten Pub Afrikas und bestaunen gefrorene Wasserfälle.

Wir dürfen Tato besuchen in ihrem runden Haus (Rondavel). Diese werden von den Basotho traditionell aus Kuhmist, Steinen, Holz und Stroh gefertigt. Wir kosten selbstgebrautes Hefebier und selbstgebackenes Brot. Tato kommt eigentlich aus einem anderen Ort, 5h entfernt, doch an der Grenze zu Südafrika kann sie besser ihre handgefertigten Korbwaren, Ohrringe und Puppen verkaufen. Also wohnt sie nun hier, während die Oma sich inzwischen um ihre Kinder kümmert.

Unsere Lesotho-Reisegruppe: 3 deutsche Jungs, von denen einer ein Auslandssemester in Durban macht, Anne-Sophie aus Grenoble, sowie Kathi und ich!
Auf über dreitausend Metern Höhe begegnen uns lediglich ein paar Merino-Schafe und ihre Hirten. Wir sind fasziniert von der Weite der Landschaft und der befreienden Stille. 

Das Motto der Basotho ist übrigens ein ganz einfaches: Regen und Frieden ergeben Wohlstand. In diesem Sinne sende ich aus eisigen Höhen liebe Grüße an alle Leser! Bis ganz bald, hamba gachle (geh wohl)!

Roadtripping.

Gesucht

Seit Wochen suche ich nun schon nach dem Richtigen! Flexibel, reiselustig, humorvoll, abenteuerlich, mutig und kühlen Kopfes in schwierigen Momenten – es ist gar nicht einfach einen Travel Buddy zu finden, vor allem, wenn dann auch noch die Reisedaten und -ziele übereinstimmen sollen. Auf meinen Post in der Facebookgruppe hat sich bisher noch niemand gemeldet. Dabei geht doch schon in zwei Tagen die Reise los!! Mehr oder weniger freiwillig werde ich die nächste Woche nach Namibia ausreisen, um bei meiner Wiedereinreise nach Südafrika mein Visum um weitere drei Monate verlängern zu können. Dieses riskante Unterfangen wurde mir von zwei oder drei anderen Reisenden empfohlen, die dieses ein paar Jahre vor mir erfolgreich durchgeführt hatten. Im Vergleich dazu ist die formelle Beantragung einer Verlängerung des Visums relativ ätzend: dauert lang, endet nicht immer wie gewünscht und ist mit mehrfachen Behördenbesuchen und viel Geld verbunden. Da versuche ich doch lieber die unkonventionelle Alternative und verbinde Nützliches mit Angenehmem. Eine Woche durch Namibia touren und mir einen Eindruck von Land und Leuten verschaffen. Na dann mal los! Aber allein macht so ein Abenteuerurlaub natürlich nur halb so viel Spaß…

Abends quatsche ich noch mit meiner Freundin Marie. Sie kennt sich aus mit dem Reisen und schlägt vor, mich in irgendeinem Backpacker Hostel in Windhoek einzuquartieren und direkt dort mein Glück versuchen, in letzter Minute doch noch einen Begleiter für mein Vorhaben zu finden. Frustriert gebe ich mich geschlagen.

Gefunden!

Endlich! Hellen aus Frankfurt hat mir geantwortet! Hat irgendwas mit Computern studiert, war quasi schon überall auf der Welt – zB auch in Indien- und ist genauso tanzbegeistert wie ich. Zuhause gibt sie sogar Unterricht! Sie reist zur gleichen Zeit nach Windhoek wie ich und hat Lust auf einen gemeinsamen Roadtrip durch Namibia. Perfekt! Mir fallen ganze Geröllblöcke vom Herzen. Ich habe mich schon eine ganze Woche lang im Hostel herumlungern sehen. Alle haben ordentlich ihre Reise vorbereitet und freuen sich darauf am nächsten Tag aufzubrechen, nur Chrissi hat den Schuss nicht gehört. Bin ich froh, dass ich nicht die einzige spontane Reisende bin!

Los gehts!

Flug nach Windhoek mit Air Namibia. Die Spannung steigt!
Nach meiner Ankunft in Windhoek erkunde ich mit der Couchsurferin Solenne, bei der ich in dieser Nacht schlafen darf, die Stadt. Solenne kommt ursprünglich aus Frankreich, bereist aber seit vielen Jahren die ganze Welt. Sie war in mehr als 70 Ländern und arbeitet mal hier mal da für einen längeren Zeitraum als Lehrerin, um ihre Reisen zu finanzieren. Ich habe sie gleich nach meiner Ankunft am 1.7. bei ihrer Arbeit im Französisch-Namibischen Zentrum begleitet. Hier lehrt sie kleinen Kids spielerisch ihre Sprache.
Nach der Arbeit gehen wir erstmal was essen. Auf der Straße werden Steaks gegrillt, dazu gibt es Kartoffelsalat. Ich bin glücklich. Anschließend starten wir in den kulturellen Teil des Tages und besuchen das Independence Museum. Dieses ist kostenlos und auf jeden Fall für alle Namibia Reisenden zu empfehlen! Wenig Text, viele Fotos, Gemälde und Installationen. Schockierend. Für mich als Deutsche war es einigermaßen peinlich durch die Ausstellung zu gehen und zu lernen, was die Deutschen als die ehemaligen Kolonialherren Namibias alles an diesem Land verbrochen haben. Sowas lernt man halt bei uns nicht in der Schule. Ist ja viel zu weit entfernt und schon lange her… Beschämend!
Blick von der Dachterrasse des Museums auf Windhoek. Die Stadt ist mit ihren paar hundertausend Einwohnern längst nicht so spannend und kunterbunt wie andere Hauptstädte. Dafür fühlt sie sich für mich sauberer und sicherer an als zB Joburg.

Am Abend treffen wir uns mit Hellen. Wir sind Feuer und Flamme für unseren Roadtrip und wollen direkt am nächsten Morgen ein Auto mieten und losfahren. In ihrem Hostel hat Hellen Zidane aufgegabelt. Einen jungen Holländer, der sich uns anschließen möchte. Ich habe nichts gegen die maskuline Erweiterung unserer Gruppe und freue mich darauf, dass es bald losgeht. Am nächsten Morgen wandelt sich jedoch Begeisterung in Pessimismus. Bei der Autovermietung gibt es ewige Diskussionen über den Preis und die Vertragsbedingungen. Der Vermieter ist misstrauisch, weil wir nur ein kleines Auto wollen. Damit können Sie aber nicht auf Schotterstraßen fahren! Sagt er. Nein, machen wir nicht. Sagen wir. In Wahrheit haben wir keine Ahnung wie die Straßen zu unseren Füßen beschaffen sein werden, wenn wir erstmal Windhoek verlassen. Zu allem Überfluss bin ich die einzige von uns dreien, die einen Führerschein (dabei) hat. Wo ich doch Autofahren so liebe. In mir keimt die Ahnung auf, dass dieser Trip sogar noch abenteuerlicher und herausfordernder wird als ursprünglich angenommen… Endlich haben wir alle Papiere unterschrieben und entkommen den unheilvollen Blicken des Autobermieters. Bevor wir aufbrechen, decken wir uns noch kräftig mit Wasser und ein paar Grundnahrungsmitteln ein. Dann können wir nachts in der Wüste schlafen und auf dem Feuer kochen. Sagt Hellen. Ich habe ein flaues Gefühl im Magen bei dem Gedanken an Schlangen und Skorpione. Aber immerhin haben wir das Auto!! Jetzt geht es endlich los! Der kleine Toyota Etios ist voll gerammelt mit unseren Backpacks, Schlafsäcken und extra Decken, Wasser, Obst, Gemüse, Nudeln, Chips und Schokolade – und uns! Gegen 2 Uhr verlassen wir Windhoek. Die Landkarte im Blick, unendliche Natur voraus!
Das ist sie, unsere Route! Start und Ende: Windhoek. Das erste Ziel ist Solitaire. Ein Ort der bereits in der sagenumwobenen Namib Wüste liegt. Hier haben wir uns für die erste Nacht bereits in einer Lodge eingemietet. Dann geht es weiter nach Südwesten, nach Sesriem und Sossusvlei (mitten in der Wüste!), dann weiter nach Lüderitz, Kolmanskopp, Ai Ais, Hobas (im Fish River Canyon) und von da aus zurück nach Windhoek. Insgesamt legen wir in dieser Woche über 3.000km zurück.
Unseren ersten Sonnenuntergang genießen wir von der Straße aus. Dunkel wird es schon halb sechs!
Unser treuer, kleiner Toyota! Hat viel mitmachen müssen auf unserem Trip…
Am nächsten Morgen stehen wir früh auf, um den Sonnenaufgang zu sehen. Sobald sich der Himmel etwas erhellt, sind Vögel zu hören. Und auch sonst ist die Wüste alles andere als tot.
Zidane und Hellen warten auf die Sonne
Überall gibt es Leben, man muss nur wissen wo man suchen muss!

Langsam erreichen uns die ersten warmen Strahlen

Erstes Gruppenselfie. Wir sind begeistert von so einem schönen Start in den Tag
So viel Filigranheit an einem Ort, an dem Sandstürme binnen Sekunden alles vernichten können…
Von wem diese Spur wohl stammt? Ich wünschte, ich könnte die Fährten der Tiere lesen!

Frühstück mit Vollkornbrot und Schinken! So ein Luxus. Währenddessen spachtelt Zidane munter Marmeladentoast, denn „Jam is Life!“
Wir sind wieder on the Road! In der Wüste macht mir das Fahren richtig Spaß. Das einzige, worauf man aufpassen muss, sind ein ausreichend befüllter Tank (Tankstellen sind manchmal 100km entfernt), die wilden Tiere (Zebras, Hyänen, wilde Pferde, Straußen, Antilopen sind uns begegnet) und dieStraßenverhältnisse (bereits wenige Kilometer außerhalb von Windhoek befanden wir uns auf Schotter und Sand…)
Wir sind in Sesriem! Von hier aus startet morgen unsere Tour zu der größten Düne der Welt „Big Daddy“. Unser Zeltplatz ist 1A. Wir können ein Zelt ausleihen für Hellen und Zidane. Ich schlafe jedenfalls nicht draußen sondern safe im Auto!! Das hier ist übrigens ein Baum mit einem riesigen Vogelnest. Bis zu 400 Vögel können hier wohnen. Sie fliegen von unten jeweils durch ihren eigenen „Nesteingang“ hinein.
Bevor die Sonne an diesem Tag untergeht, schauen wir uns noch den Sesriem Canyon an. Mich beeindruckt hier zum ersten mal die Stille. Es gibt rein gar kein Geräusch zu hören außer das der eigenen Schritte und das des Atmens. Die zeklüfteten Steinwände ragen neben uns in die Höhe als wir in den Canyon hineingehen.

Meine beiden Travel Buddies beim Streit darum, ob das Käferpärchen seine Fortpflanzungsaktivitäten fortsetzen darf oder nicht 😂
Nach unserem Trip zum Canyon setzen wir uns auf einen Guavensaft an die Bar. Selbst in der Wüste wird Rugby geschaut.
Den Sonnenuntergang wollen wir uns von der Dune 45 anschauen. Es dauert eine Ewigkeit bis wir oben sind. Der Sand rutscht unter den Schuhen weg und es geht ständig auf und ab. Doch als wir pünktlich zum Sonnenuntergang den Gipfel erreichen, gibt es nichts, was wir bereuen.
Fertig.

Als wir im Dunkeln endlich wieder unser Camp erreichen, sind wir hundemüde und bärenhungrig. Wer geht Feuerholz kaufen, im Campshop? Niemand hat so recht Lust jetzt noch was aufzufahren. Aber die Aussicht auf ein wärmendes Feuer und Nudeln treibt uns an. Den dreibeinigen Topf konnten wir uns schon zeitiger ausleihen. Es ist ein tolles Gefühl auf einem Holzfeuer etwas zu kochen. Keine Kohle, kein Grillanzünder und erst recht kein Herd.
Guten Appetit!!
Der nächste Tag… wir sind um 5 Uhr morgens aufgestanden, um nun auf eine Düne zu kraxeln, von der aus wir den Sonnenaufgang betrachten können.
Hier ist es noch relativ frisch und der Wind weht uns Sand ins Gesicht. Den werden wir die ganze Reise lang noch in unseren Klamotten, Haaren, Ohren, Schuhen – quasi überall finden. Mein Rucksack ist bei der Wiedereinreise nach SA ganze 700g schwerer. Und das, ohne dass ich mir irgendwelche Mitbringsel zugelegt hätte!
Faszination Sand. Obwohl wir stehts auf einem schmalen Kamm laufen und es links und rechts neben uns steil bergab geht, verspüre ich keine Höhenangst. Im Falle eines Falles (im wahrsten Sinne des Wortes), würde der Sand uns sofort abbremsen.

Düne Nummer 3 auf unserer Reise: Wir sind jetzt dabei den Big Daddy zu bezwingen! Wir sind noch gaaanz am Anfang! Insgesamt wird es 2 Stunden brauchen, bis wir ganz oben auf 350m Höhe angelangt sind. Doch wir lassen uns Zeit für Kekspausen, Fotos, Sandspiele und genervtes Jacken-, Zweithosen-, Schuhe-, Sockenausziehen. Es wird nämlich verdammt schnell verdammt heiß!

Ein Herz im Sand für meine Emi, die an diesem Tag Geburtstag hat!! Blick auf den riesigen Salzsee, der schon ewig lang kein Wasser mehr birgt.
Nach zwei Stunden am Ziel. Das Sand brennt heiß an den Füßen. Windstille. Auch sonst: Stille. Unendlich weite Blicke. Die Farben sind fast zu intensiv, als dass sie echt sein könnten. Der Sand glitzert und 350m unter uns erstreckt sich Deadvlei. Eine weitere weiße Stein- oder Salzebene auf der 900 jährige Bäume stehen. Quasi existieren. Sie sind weder versteinert, noch könnten sie verrotten. Zu große Trockenheit. Sie SIND einfach nur da und wer weiß wie lange schon und wie lange noch.
Zurück im Camp flätzen wir uns mal wieder an die Bar. Der Kellner gesellt sich zu uns und erklärt uns die eine oder andere kulturelle Gegebenheit seines Landes 😆 Beispiel: Fassungsvermögen in Bauchumfang. Je größer der Bauch, desto mehr Gigabyte.😂
Weltenwechsel. Am nächsten Tag erreichen wir nach 6h Fahrt Lüderitz. Klingt deutsch. Ist es auch. Die Häuser, der Hafen, die Kirche, die Straßennamen – alles erinnert an die koloniale Vergangenheit dieses Ortes. Wir treffen kurz vor Einbruch der Dunkelheit ein. Einen Plan haben wir nicht. Wo werden wir schlafen? Wir fragen im erstbesten Hostel nach. Nein, da haben Sie leider kein Glück, wir sind leider schon belegt. Okay, vielleicht wissen Sie, wo wir sonst unterkommen können? Nein in ganz Lüderitz ist alles voll. Es ist immerhin Hochsaison. Ich gebe alles: Bitte, irgendwas, wir können sogar mit unseren Schlafsäcken hier vor ihrem Tresen campieren. Sie schaut mich an. Dann Hellen. Na warten Sie mal hier, ich rede kurz mit meinem Mann…
… 20 Minuten später biegen wir mit unserem Etios in das Grundstück unserer neuen Hausherrin ein. Das Haus liegt direkt am Meer. Sie schließt uns ein geräumiges, gemütliches und sehr liebevoll eingerichtetes Zimmer mit drei Betten auf. Ich ziehe die Gardine zur Seite. Der Atlantik direkt vorm Fenster. Mein Herz rast. Von der Wüste direkt ans Wasser. Ein weiches Bett. Eine saubere Dusche. Und Frühstück! Was wir für ein Glück haben!!
Sonnenaufgang über dem Hafen
Unser Domizil direkt am Ozean
Heute durchstreifen wir Lüderitz. Den Abend haben wir in einer fischigen Hafenspelunke bei Bier und Tequila verbracht, die uns drei Bauarbeiter zum Feierabend spendiert haben. Jetzt erkunden wir das kleine Städtchen
Meine zwei Dudes!
Muscheln sammeln an der Lüderitzer Bucht. Es riecht nach Algen und Salz und Fisch. Ich habe Lust zu schwimmen, doch der Atlantik ist so kalt, dass ich selbst mit den Füßen nur kurz reinlaufen kann.
Kontraste. Eine sanierte Villa im Kolonialstil. Davor ein schrottiges Minibustaxi a la Soweto. Beide sehr alt.
Gegen 11 Uhr vormittags machen wir uns auf den Weg nach Kolmanskopp. Hierbei handelt es sich um ein altes Dorf, welches früher von Deutschen errichtet wurde, weil man hier Diamanten gefunden hatte. Sofort entstand eine kleine Siedlung. Als man die Gegend nach etlichen Jahren seiner Bodenschätze entledigt hatte und ein neues vielversprechendes Gebiet entdeckt wurde, verließ man fluchtartig Kolmanskopp. Das Dorf steht heute noch fast genauso wie damals. Es gibt ein Krankenhaus, eine Schule, einen Laden, eine Fleischerei, eine Eisfabrik, ein Postamt und natürlich Wohnhäuser für die Leute verschiedenen Standes. Die Architektur mutet auch hier sehr deutsch an. Das faszinierende ist, dass über all die Jahre des Leerstandes die Wüste sich lagsam den Ort wieder zurückerobert hat. Eine groteske Kombination. Von Blümchenkacheln und riesigen Mengen durchs kaputte Fenster hineingewehten Sand. Einst hochwertige Treppengeländer aus lackiertem Holz. Auf der sandigen Treppe schlängelt sich eine Eidechse entlang.
Das Haus der Ladenbesitzerin ist noch komplett möbliert und super erhalten. Sie war die reichste Frau im Dorf, denn sie konnte sich jeder Zeit alles Mögliche aus Deutschland schicken lassen. Von Kaviar bis Persil, alles. Es dauerte damals aber ca 3-7 Monate, bis die Güter auf Schiffen den Lüderitzer Hafen erreichten… Hier die Aufzeichnungen der Ladenbesitzerin über ihre Bestellungen.

Gegen die Kraft der Natur ist keine deutsche Schreinerarbeit gewachsen…
Das Krankenhaus. Komplett leer und riesig. Der Wind klappert an den zesprungenen Fensterscheiben.

Mind your steps – wo früher Menschen wohnten kriecht heute die ein oder andere Schlange durchs Haus

Nach diesem beeindruckenden Besuch im Geisterdorf machen wir uns auf den Weg zum Fish River Canyon… und entdecken unterwegs das beste Streetfood überhaupt!! Lammsteak und frischgebackene Brötchen. Danach Zimtpfannkuchen. Herrlich. Umgerechnet 2€ pP
Wilde Pferde in Namibia – wer hätte das gedacht? Die schlanken Tiere mit ihrem glänzenden Fell begegnen uns immer wieder!
Angekommen in Ai Ais! Nach ewiger Fahrt und etlicher Verwirrung sind wir genau da wo wir – nicht unbedingt hinwollten, aber auf jeden Fall hin sollten! Denn in Ai Ais gibt es heiße Quellen. Das 70 Grad heiße Wasser kommt direkt aus den Bergen und wird in Ai Ais auf angenehme Temperaturen heruntergekühlt und in den riesigen Pool geleitet. Bei Sonnenaufgang sitzen wir hier wie im Badewasser und bestaunen die an den Bergen aufgehende Sonne und die heißen aus dem Wasser aufsteigenden Dämpfe. Wo wir heute Nacht geschlafen haben? Nun ja, Zidane war des Camper Lebens überdrüssig. Zu unserem Glück fanden wir das Welness Spa in Ai Ais leerstehend vor, da zur Zeit renoviert wird. AmTag musste wohl frisch gestrichen worden sein, denn als wir abends ankamen, standen alle Türen sperrangelweit offen. Eigentlich wollten wir nur aufs Klo und die Zähne putzen… doch dann entdeckten wir, dass die Zimmer ebenso offen standen und mit großen Doppelbetten und weichen Matratzen ausgestattet waren… 5 min später stiefelten wir mit unseren Schlafsäcken bewaffnet ins Haus und in eines der Zimmer. Wir stellten uns den Wecker für 6 Uhr, um den Bauarbeitern zu entgehen, die möglicherweise am Morgen ihre Arbeit wieder aufnehmen wollten. Ich habe selten so gut geschlafen!! Als weiteren kleinen Höhepunkt der Reise lernten wir am nächsten Tag eine sächsisch-zimbabwische Familie kennen. Er stammt ursprünglich aus Ölsnitz im Vogtland und hat eine Frau aus Zim geheiratet. Jetzt touren die beiden mit ihren drei Kiddies und den sächsischen Großeltern durch Afrika. Eine wunderbare Sache. Wir sind übrigens ins Gespräch gekommen, weil die Oma ihrem kleinen Schoki-Enkel quer über den Zeltplatz hinterhergehumpelt ist und gerufen hat: „Thandou! Kommste ma bidde zu Ouma!“
Nächster Tag: Ausflug zum Canyon. Es handelt sich hierbei um den zweitgrößten Canyon direkt nach dem Grand Canyon. Will man eine fünftägige Tour durch das komplette Tal unternehmen, braucht man eine Bestätigung der eigenen Fitness durch einen Arzt… aber wir haben leider keine Zeit mehr für solche Abenteuer. Es ist unser letzter Tag vor der Rückfahrt nach Windhoek…
Einsamer Aloevera-Baum
Nach 6 stündiger Fahrt sind wir wieder in Windhoek. Die Zeit ist gerast. Kaum zu fassen, dass unser Abenteuer schon vorbei sein soll. Die Woche hat uns einander so viel näher gebracht. Es ist als würden wir uns seit Jahren kennen. Nun reist Zidane weiter nach Kaptstadt. Wir haben ihn unterwegs schon abgesetzt. Hellen fliegt morgen zurück nach Frankfurt. Und für mich gehts back nach Joburg wo mich meine letzte Arbeitswoche erwartet. Doch bevor sich unsere Wege trennen, verbringen wir noch einen fantastischen Abend zusammen mit Solenne und ihrem Kumpel Joseph. Er hat uns zu sich nach Hause eingeladen und richtig was aufgefahren! Es gibt Pap, Kartoffeln, Nudeln, Spinat, Bohnen, Salat, Chicken Wings, Chicken Livers UND… zum ersten mal in meinem Leben: Hühnerfüße!! Letztere werden nicht meine Leibspeiße werden, aber war den Versuch auf jeden Fall wert. Mal wieder bin ich überglücklich über so viel Gastfreundschaft. Diese Erfahrung werde ich mitnehmen nach Joburg. Zusammen mit tausend Erinnerungen an unseren Roadtrip. Und mindestens 700g Sand im Gepäck.

Was so passiert…

Zum ersten mal in Pretoria bei unserer Freundin Maryna und ihrer Familie. Wisst ihr noch, was Ubuntu heißt (siehe letzter Blogeintrag)? Man kann es auch mit Gastfreundschaft übersetzen und diese Familie ist das lebendige Beispiel dafür!


Auf einer Geburtstagsfeier in Soweto, ich bin mal wieder die Fotografin!


Wöchentliches Sportprogramm mit unseren Frauen auf Arbeit: da zur Zeit alle ein kleines Baby versorgen müssen, haben wir beschlossen aus der Not eine Tugend zu machen. Seit heute gibt es jeden Dienstag Baby Gym!

Soweto Diaries: ʊˈbʊntʊ 

Nelson Mandela über die südafrikanische Philosophie Ubuntu:

„Ein Reisender in einem Land würde in einem Dorf anhalten und müsste nicht nach Essen oder Wasser fragen. Sobald er anhält, geben ihm die Menschen zu essen und leisten ihm Gesellschaft. Das ist ein Aspekt von Ubuntu. Ubuntu heißt nicht, dass man sich nicht selbst bereichern darf. Die Frage ist: Wirst du dich bereichern, um auch die Menschen um dich herum dazu zu befähigen, sich zu verbessern?“ 

Der scharfe Geruch von brennendem Müll und Abgasen weht durch das offene Fenster ins Minibustaxi hinein. Das kleine Mädchen neben mir stupst mich an. Als ich hinüber schaue, wackelt es mit den Augenbrauen. „She want’s to know if you can do that“, fragt seine Mama auf deren Schoß es sitzt. Grinsend wackle ich zuerst mit der einen, dann mit der anderen Augenbraue, dann mit beiden. Begeisterte Kinderaugen. Von da an werde ich ca. aller 10 Sekunden angestupst, um nochmal zu zeigen, dass ich das auch wirklich kann. „Short left!“ Fast verpasse ich mein Ziel. Short left, das ruft man dem Fahrer zu, wenn man an der nächsten links abzweigenden Straße rausgelassen werden möchte. Es gibt natürlich auch short right. Und before/after robot – vor/nach der Ampel. Ich öffne die klapprige Schiebetür und steige aus. Endlich! Nachdem ich mich beim ersten Anlauf gründlich verfahren habe, stehe ich nun nach wenigen Schritten vor einem großen grauen Klotz. Dem Apartheid Museum. Endlich! Hochgelobt wird die hiesige Ausstellung im Lonely Planet. Und nachdem wir in der Schule fast nichts über dieses Wort – Apartheid – und dessen Bedeutung gelernt haben, bin ich umso gespannter, was mich hier erwartet. Natürlich habe ich vor meiner Reise recherchiert, Dokus geschaut. Doch auf das, was mir hier begegnet konnte mich nichts vorbereiten.

Während ich durch die Gänge streife, lese ich die geschichtliche Annäherung an das Thema auf den großen schwarzen Postern. Ich will kein Wort verpassen und sauge jede Information auf, die ich bekommen kann. Die Leute, die mit mir das Museum betreten haben sind schon längst über alle Berge. Schließlich geht der Text über in große bebilderte Tafeln und Schaukästen. Und hier stehen die Leute dicht gedrängt, um zu schauen. Das Leben der Schwarzen zu Zeiten der Apartheid. Ab dem Alter von 8 Jahren musste jeder Schwarze, Farbige und Inder einen Pass bei sich tragen, in dem seine Identität bestätigt wurde. Ein schlacksiger Junge ist auf dem Passfoto zu sehen. Neben dem ausgestellten Pass liegt aufgefaltet ein vergilbtes Papier, auf das mit verschlungener Schrift geschrieben wurde: My boy is allowed to go to town today between 6 and 10pm. 

Darunter der Name des jungen Mannes, das Datum und die Unterschrift des Schreibers. Ich entziffere einen deutsch oder holländisch klingenden Namen. Es handelt sich um eine Erlaubnis, die generelle Ausgangssperre für Nicht-Weise am Abend ausnahmsweise auszusetzen. So ein Papier musste vom Arbeitgeber der jeweiligen Person ausgestellt werden. 

Bilder von verrußten Gesichtern in Minenschächten. Die meisten Männer hatten in den Goldminen unter Johannesburg zu arbeiten. Nach der Arbeit musste man sich nackt ausziehen und von einem Vorgesetzten auf heimlich verstecktes Gold absuchen lassen. Gearbeitet wurde von früh morgens bis nachts untertage. Ich werde schon vom Anblick des engen Schachtes klaustrophobisch. Die Gesichtsausdrücke der abgebildeten Männer liegen irgendwo zwischen Trotz, Verzweiflung und purer Angst. Keine Seltenheit, dass eine der provisorisch angelegten Gruben zusammenbrach und Hunderte von Arbeitern für immer verschluckte.

Die Frauen daheim, mit oftmals etlichen Kindern. In der zweiten Hälfte des 20.Jh. ereilte eine Welle von Krankheiten die Stadt. Sowohl Schwarze als auch Weiße waren betroffen. Diese Umstände nutzte die britische Regierung als Ausrede dafür, alle Nicht-Weißen aus dem Zentrum der Stadt zu entfernen, da sie der Grund für die Ausbreitung der Krankheit wären. Ganze Wohnsiedlungen nicht-weißer Bevölkerungsgruppen wurden seitens der Regierung zerstört, um eine „Umsiedlung“ zu erzwingen. So entstanden die Townships am Rande und rund um Johannesburg. Soweto ist das größte davon. 

Während die Männer in den Minen schufteten, betraten ihre Frauen erstmals das brachliegende Land, das ihr neues Zuhause werden sollte. Leere Hände. Chaos. Jede steckte sich ein paar Quadratmeder für ihr neues Heim ab, viel Platz war nicht. Tausende mussten hier unterkommen. Mit Stöcken und Planen wurden die ersten Shacks (Hütten) errichtet. Manche hatten Geschick und konnten ihre Hütte so errichten, dass das Innere vom Regen verschont blieb. Andere nicht. Nach vielen Protesten versprach die Regierung den Bewohnern der Townships den Bau eines kleinen Hauses für jede Familie. Viele Familien warten noch heute auf ihr Haus, dass ihnen immer noch alljährlich im Wahlkampf der Parteien zugesagt wird. 

Zwei Welten im Alltag. Unterschiedliche Häusereingänge für Schwarze und Weise, unterschiedliche Sitzplätze in Bus und Bahn. Banken nur für Weiße. Bestimmte Strandabschnitte an der Küste nur für Weiße. Ein Plakat besagt: Hier nur Weiße. Keine Hunde. Keine Schwarzen. 

Kein Wahlrecht für Schwarze, keine Möglichkeiten, sich eine selbstständige Erwerbstätigkeit aufzubauen. Immer nur Abhängigkeit von den Weißen. Die Gesetzgebung des Bantu Education Act, sah nicht nur eine getrennte Schulausbildung weißer und nichtweißer Schüler vor, sondern hielt auch unterschiedliche Lehrpläne bereit. So war die Ausbildung der schwarzen Kinder gewollt sehr minderwertig. Vielleicht, weil es der Regierung gefährlich erschien, die unterdrückte schwarze Mehrheit des Landes mit Wissen auszustatten. Man konnte das Risiko einer quantitativen UND intellektuellen Überlegenheit der schwarzen Bevölkerung nicht eingehen. Im abgebildeten Klassenraum hockt die Lehrerin zwischen ca. 50-60 Kindern auf dem Fußboden. Keine Tische und Bänke. Nachdem die Schule bei der Regierung um 60 Schreibhefte gebeten hatte, bekam sie lediglich 2. 

Viele junge Männer, die nicht in den Minen arbeiten konnten oder wollten, wandten sich der Kriminalität zu. War es doch um einiges ertragreicher täglich ein paar reiche Weiße auszurauben als sich auf ewig den erbärmlichen Arbeitsbedingungen einer Mine zu unterwerfen. Diese Ansicht wurde sicherlich noch gefördert vom Rassismus und der großen Ungerechtigkeit, die den Schwarzen zuteil wurde. Ein Foto zeigt einen kräftigen Weißen in Anzug und Hut, der mit seinem Gehstock einen bereits am Boden liegenden Junge zu Tode prügelt.

Während ich durch die Gänge laufe und das Gesehene auf mich wirken lasse, durchlebe ich unzählige Emotionen. Wut über die Ungerechtigkeit gegenüber Menschen, die nichts anderes verbrochen haben als eine andere Hautfarbe zu besitzen. Über die Arroganz und Dreistigkeit der Europäer, die sich ein ganzes Land wie selbstverständlich zu eigen gemacht haben. Trauer, beim Anblick der verheerenden Armut der nichtweißen Bevölkerung. Mitgefühl für die Familien, die ihre Kinder verloren haben durch Hunger oder Gewalt. Bewunderung für die jugendlichen Protestanten, die für eine bessere Schulbildung und gegen Afrikaans als Unterrichtssprache auf die Straße gegangen sind. Und pures Erstaunen, dass mich ganz zum Schluss der langen Ausstellung überfällt: Als 1994 die Apartheid endlich abgeschafft und Nelson Mandela der neue Präsident Südafrikas wird, finden keine Racheakte gegenüber der abgesetzten britischen Regierung statt. Keine Verurteilungen à la Nürnbeger Kriegsverbrecher Prozesse. Stattdessen wird die sogenannte Truth and Reconciliation Commission (TRC), auf deutsch Wahrheits- und Versöhnungskommission einberufen. Unter dem Vorsitz des Erzbischofs Desmond Tutu wurden über 7.000 Menschen aller Volksgruppen angehört, die ihre Verbrechen zu Zeiten der Apartheid gestehen, und somit zur Aufklärung abertausender Morde, Folter, Attentate und anderer Gewaltakte und politischer Straftaten beitragen sollten. Den Tätern wurde bei einem Geständnis all ihrer Vergehen die Amnestie zugesagt. 

An der TRC ist vieles zu kritisieren. Beispielsweise die Tatsache, dass viele Beamte und Polizisten nach dem Geständnis der grauenhaftesten Verbrechen nicht nur einen Freispruch erhielten sondern auch vor Strafverfolgung und Schadensersatzklagen geschützt waren und ohne weiteres wieder ihre alten Positionen einnehmen konnten. Währenddessen verließen die Angehörigen vieler Opfer traumatisiert den Saal, ohne, dass sie auch nur ein Wort gesprochen hatten.

Trotz all dem bewundere ich den Mut und die Großherzigkeit eines Mannes. Selbst 27 Jahre lang von der weißen Regierung gefangen gehalten, verachtet und gefoltert. Und danach immer noch dazu im Stande, den Menschen, die sich auf grausamste Weise an ihm und seinem Land vergangen hatten, die Hand zu reichen: Nelson Mandela. 

Es gibt ein Wort, dass diese Charaktereigenschaft beschreibt, die viele Südafrikaner (aller Hautfarben) besitzen, die ich bereits kennenlernen durfte: Ubuntu. Eine Person ist eine Person durch andere Menschen. Menschlichkeit. Mitgefühl.Vergebung. Für die anderen. Und sich selbst. Für den inneren Frieden und den zwischenmenschlichen. 

Wenn ich durch Joburgs straßen laufe, sehe ich noch immer viele Überreste der Apartheid. Seien es die Namen britischer Politiker auf den Straßenschildern, die Wohngebiete, in denen auch heute fast ausschließlich Schwarze ODER Weiße ODER Inder ODER Coloureds leben. Die Menschen, die mir von der ungleichen Entlohnung und den ungerechten Bildungsmöglichkeiten für Nicht-Weiße berichten. Die immer noch tief sitzenden Vorurteile.

Vielleicht ist es naiv. Doch ich glaube fest daran, dass (nicht nur) Südafrika stark genug ist, um die furchtbaren Geschehen der Vergangenheit aufzuarbeiten. Sich langsam einander anzunähern, übereinander und voneinander zu lernen. Und ganz im Sinne der südafrikanischen Philosophie Ubuntu bei der Frage wer welchen Job bekommt, wer wen heiratet, wer wo lebt irgendwann nicht mehr auf die Hautfarbe, die Religion oder das Geschlecht eines Menschen zu schauen.  

Weltenwechsel.

Wir fliegen von Dachterrasse zu Dachterrasse im sonnigen Jozi. Bettina und ich verbringen den Samstag mal wieder in town und lernen neue Facetten der Metropole kennen. Zuerst verschlägt es uns nach einigem Herumgekurve zum Oriental Plaza. Hier fühle ich mich zuhause! Der Duft indischer Gewürze hängt in der Luft, Samosas und Blätterteigteilchen an jeder Ecke. Ständeweise prächtige goldene Armreifen, Ohrringe, Ketten, Henna, selbstzusammengebraute Parfums, gefälschte Markenklamotten. Eine Frau in Hijab stattet den Herrn von Welt aus mit feinsten Anzügen, Hemden und Krawatten. Zwei junge Kerle schneidern an Nähmaschinen maßgetreu Gardinen zurecht. Wir lassen uns von den Massen durch das Gedränge tragen. Genießen die Eindrücke. An diesem Ort trifft man auf Schwarze, Weiße, Coloureds. Eine voluminöse Inderin führt mitten im Getummel ihre zwei Kaninchen an der Leine spazieren. Sie sind das schon gewohnt, erzählt sie uns. Wenn sie daheim die Autoschlüssel in die Hand nimmt, seien die Kaninchen die ersten, die in den Wagen springen. Auch eine weiße Omi mit ihrem kleinen Enkel stoppt beim Anblick dieser flauschigen Tiere. Lächelnd legt die Inderin dem Kleinen das zappelnde Kaninchen in die Arme, die er zu einer Wiege geformt hat. Er quietscht vergnügt und streicht seinem neuen Freund sanft übers Fell. 

Vier Samosas, zwei Mutton Pies und eine Waffel mit Vanilleeis und Erdbeeren später: Wir sind auf dem Weg zum Neighborgoods Market. Mitten in Braamfontein versammeln sich jeden Samstag junge Leute aus aller Welt um Köstlichkeiten aus aller Welt und Musik aus aller Welt zu genießen und um mit anderen jungen Menschen (auch aus aller Welt) ins Gespräch zu kommen. Bettina und ich sind bereits das zweite mal hier und sehr enttäuscht über das heutige Fehlen des polnischen Wurststandes. Stattdessen kaufen wir Limo und Biltong und verdrücken uns eine Etage weiter oben auf die Dachterasse. Ein funkiger alter Weißer in Armeeklamotten legt gerade House auf. Vor ihm sitzen Gruppen essender, quatschender Studis um Tische versammelt. Hipsterbrillen und freie Knöchel. Croptops und Jeansjacken kombiniert mit bunten afrikanischen Kopftüchern und großen Ohrringen. Einige tanzen. Viele flirten. Wie kann man Orte wie diesen beschreiben? Eine Oase inmitten einer lärmenden Großstadt. Lebendiger Beweis dafür, dass Joburg mehr ist, als Business auf der einen und Armut und Gewalt auf der anderen Seite. Multikulti. Studentenleben. Und gewissermaßen eine florierende Partnerbörse auf 200 Quadratmetern. 

Und beim Verlassen des Komplexes wieder eine andere Welt. „Entschuldigung, hätten Sie vielleicht ein paar Rand für mich. Ich habe Hunger.“ „Nein, sorry.“ Heißer Kopf und ein Rauschen in den Ohren. Na klar habe ich paar Rand. Keinesfalls Bettlern Geld geben. Unterstützen Sie stattdessen eine lokale Hilfsorganisation. Sagt mein Lonely Planet. Trotzdem fällt es schwer. Wer weiß schon was zwei Rand heute für die ältere Frau ausmachen könnten. Und wenn es nur ein kleiner Beitrag zu ihrem Abendbrot ist. „Hello ladies!“ Von der anderen Straßenseite ruft uns ein Parkhelfer in Warnweste zu und unterbricht damit meine Gedanken. Er zwinkert uns zu und wünscht uns einen schönen Tag. Andere Kerle laufen an uns vorbei und lassen ihre Blicke über uns gleiten. „Kommt hier rein“, sagt hinter uns die Verkäuferin eines der vielen winzigen Ramschläden. Wir wollten uns soeben ein Uber bestellen, doch sie deutet warnend auf mein Handy. „Ihr könnt das Handy hier nicht rausholen, ist zu gefährlich.“

Und zehn Minuten später der nächste rooftop garden: Livingroom Jozi. Johannesburgs Wohnstube, quasi. Hier quellen riesigen Grünpflanzen aus Kübeln, die in jeder Ecke der Dachterrasse stehen. Braune Holztische werden von jungen und älteren, schwarzen und weißen Menschen bevölkert. Über der Szenerie strahlt der blaue Himmel von Joburg und die untergehende Sonne beleuchtet von Hinten die Skyline. Unsere Cocktails kommen mit darin klimpernden Eiswürfeln und Zitrone. Was für ein Weltenwechsel in nur wenigen Stunden. An einem einzigen Samstag. Im riesigen Joburgdschungel. Noch immer unergründlich, undurchdringlich, unerklärbar für uns. Aber wir arbeiten dran.

Mein neuer Job als Undercover Fotografin.

Dienstag, 18:43 Uhr

„Hey Chrissi, was machst du Samstag?“ „Ähm, keine Ahnung und du?“ „Ich muss zu einem Shooting. Wenn du willst, kannst du mitkommen.“ „Hm. Was fotografierst du da?“ „Weiß ich auch noch nicht, sag dir später Bescheid.“

Mittwoch, 00:04 Uhr
„Es wird eine Hochzeit.“

Samstag, 7:05 Uhr
Ich stehe vor dem Badezimmerspiegel und putze mir die Zähne. Aufregung. Was, wenn ich als ungeladener Gast nicht willkommen bin? Wenn gefragt wird: Entschuldigen Sie, wer sind Sie denn? Was wenn Phiwe, mein Kumpel und Fotograf keine Kamera für mich auftreiben konnte? Mit leeren Händen auf der Hochzeit fremder Leute. Zu spät. Das Uber ist schon bestellt und mit pochendem Herzen schlüpfe ich in die von Bettina geliehenen Ballerinas. Draußen regnet es sintflutartig. Es gibt ein afrikanisches Sprichwort, welches besagt, dass ein Mädchen oder eine Frau, die mit dem Löffel direkt aus Topf oder Pfanne isst, zu ihrem Hochzeitstag mit Regen bestraft wird. Ich hoffe, dass das Fest innerhalb eines Gebäudes stattfindet.

8:50 Uhr

„Nee, geheiratet wird bei uns immer draußen!“ Ich sitze mit Phiwe und seinem Manager Tebogo in dessen Toyota und bemitleide jetzt schon das Brautpaar. Wütend trommelt eine Mischung aus Eiskörnern und Regentropfen auf das Autodach. Wir halten noch bei einem Kumpel, um eine Kamera für mich abzuholen. Gott sei Dank. Somit habe ich eine akzeptable Begründung für mein überraschendes Erscheinen. Ich unterstütze die beiden Jungs beim Fotografieren. Wenig später halten wir an einem großen pompösen Haus. „Ist es das?“ „Neee. Hier wohnt der Sänger von In the jungle the lion sleeps tonight.“ Na wenn das nichts ist. Phiwe verschwindet allerdings im Nachbarhaus, nur um 2 min später mit einem kleinen Beutel Gras in der Hand wieder aufzutauchen. Weitere Stopps werden eingelegt um Kaffee und Chicken Nuggets, Filter und Papers sowie lila Lebensmittelfarbe zu kaufen. Ich fühle mich wie immer in Südafrika, wenn es um Zeitangaben geht, ziemlich verarscht. Es hieß die Hochzeit geht 9 Uhr los. Inzwischen ist es kurz vor halb 10. 

9:50 Uhr 

Zwanzig Minuten später erreichen wir dann endlich das stattliche Einfamilienhaus im johannesburger Stadtteil Rosebank. Nieselregen weht durch den großen Garten, in dem zwei wunderschön dekorierte Tische unter einem leider sehr nutzlosen Sonnensegel stehen. Die Gläser sind schon etwas mit Regen gefüllt. Wenigstens bleiben die Blumen in der Kälte frisch… Mein Fototeam und ich lichten das menschenleere Arrangement ab. Anscheinend sind wir doch zu früh? Aus dem Haus dringt plötzlich laut ein vielstimmiges „Aiaiaiai!“. Ein Chor, der probt? Als ich die Schwelle zum Wohnzimmer betrete beginnt eine ältere schwarze Frau mit einer Wolldecke um die Schultern gerade zu singen. Ca. 20 Leute sind auf Sofas, Stühlen und Kissen auf dem Fußboden versammelt und betrachten sie gespannt. Ihr Gesang geht in eine Art Standpauke über; sie wedelt mit dem Zeigefinger in Richtung einer jungen, wunderschönen Frau, die ich als Braut erkenne. Sie sitzt in ihrem ausladenden bunten Kleid auf dem Holzfußboden, ihre Augen sind verdeckt durch einen dreieckigen Perlenschleier. Schließlich legt ihr die Alte die Wolldecke über woraufhin alle laut Klatschen und jubeln. Ich erfahre von Phiwe, dass diese Wolldecke quasi eine Hochzeitsdecke ist, die jede Zulu-Ehefrau besitzt. Nacheinander erheben sich die Gäste und die anwesenden Frauen geleiten die Braut langsam aus dem Raum. Phiwe sieht plötzlich sehr unglücklich aus. „Was ist?“ „Sie gehen ins Schlafzimmer das Kleid wechseln. Da dürfen keine Männer mit.“ Ich grinse und schließe mich schnell der Karawane aus Omis, Tanten und Mädels an. Im Schlafzimmer angekommen wuseln alle um die Braut herum, helfen ihr aus dem bunten afrikanischem Gewand zuerst in ein beige farbenes Kleid mit Kopftuch und einige Fotos später in ihr weißes Brautkleid. Felicity ist wunderschön mit ihren langen geglätteten Haaren und ihrer milchkaffeebraunen Haut. Nervös sitzt sie auf einem Stuhl, während alle anderen an ihr herum zuppeln. Ihre fünfjährige Tochter tobt um das Geschehen herum. Feierliche Anspannung liegt in der Luft. Ich verlasse das Zimmer und erhasche einen Blick in ein weiteres Schlafzimmer, in dem sich der Bräutigam gerade die Schnürsenkel seiner Chucks zubindet. Sie trägt übrigens die gleichen. Ein sehr modernes Paar. Er trägt ein weißes Leinengewand und einen hellblau bestickten Schal, dessen Muster sich auch im Gürtel des Brautkleides wiederfindet. Die kleine Tochter Naledi ist bei ihm. Ich schieße unbemerkt ein paar Fotos und bahne mir dann den Weg durch das mit erregten Gesprächen gefüllte Wohnzimmer nach draußen in den Garten. Unter feierlichem Aiaiaiai Geschrei betritt das Paar wenige Minuten später den Rasen und steuert auf den kleinen, eigens für sie vorgesehenen Pavillon zu. Ihre Augen funkeln vor Freude und Aufregung. Phiwe, Tebogo und ich springen um die beiden herum, um gute Bilder aus allen Perspektiven zu bekommen. Wie durch Magie bricht in diesem Moment die Sonne durch die dichten Wolken und lässt das Geschehen erstrahlen. Der Pastor positioniert sich vor dem geschmückten Pavillon, in dem später Mr. & Mrs. platznehmen werden. Seine Traupredigt hält er voll charismatischer Inbrunst; belehrt das Paar über seine ehelichen Pflichten und warnt alle Anwesenden davor, sich ungefragt in deren private Angelegenheiten einzumischen. Die Traugesellschaft lässt nach jedem seiner Sätze ein leidenschaftliches „Amen!“ verlauten. Die Kinder hampeln auf den Gartenmöbeln herum und lassen einen der Regenschirme der Gäste immer wieder auf und zu schnappen, wobei jedes mal etwas Regenwasser auf die Sitzenden spritzt. Dies wird mit einem abfälligen „Eish!“ kommentiert und führt schließlich zur Konfiszierung des besagten Schirms. 

Endlich erklärt der Pastor das Paar zu Mann und Frau, worauf ein Kuss und lärmendes Gejubel sowie neuerliches Aiaiaiaiai folgt. Unsere Kameras knipsen. Musik erfüllt den Garten. Die Gäste strömen auf die soeben Vermählten zu, um ihre Glückwünsche zu überbringen und sich reihenweise in allen erdenklichen Posen von uns ablichten zu lassen.

12:41 Uhr

Bei der Eröffnung des Buffets regnet es dann wieder, sodass wir uns mit unseren Tellern ins Wohnzimmer verdrücken. Ich lerne Theo kennen, der ebenfalls eine Kamera um den Hals trägt. Wir versuchen später zusammen in Ermangelung eines Korkenziehers eine Flasche Rotwein erst mit einem Schuh, dann mit einem Messer zu öffnen. Nichts klappt. Die durstige Weiberrunde auf den Sofas wird langsam ungeduldig. Endlich gelingt es uns den Korken mithilfe des konfiszierten Regenschirmes ins Innere der Flasche zu drücken. Lautes Gejubel auf den Sofas. Ich werde umgehend auf einer der Sofalehnen platziert und mit einem Glas ausgestattet. Meine erhöhte Position gewährt den schicken Damen einen freien Blick auf mich. Ich werde eingehend gelöchert und inspiziert bevor sich mir eine nach der anderen vorstellt und sich bald interessante Gespräche entwickeln. Ich lerne die Zwillinge Amanda und Anele kennen, die beiden in Johannesburg studieren. Die große, schlanke Fazia, die in ihrem rabenschwarzen Gewand und den dramatisch geschminkten Augen viel ernster wirkt, als sie ist. Und später Sandile, einen IT Studenten aus Westrand. Interessanterweise regt sich kein Mensch über das unsägliche Wetter auf. Alle scheinen sich mit dem Regen abzufinden und kümmern sich stattdessen um stylisches Posen auf Fotos und um ihre Gesprächspartner. 

14:34 Uhr 

Nach dem Mittagessen löst sich die Gesellschaft relativ schnell auf. Ich schlendere hinüber zum Brautpaar. Die beiden sitzen versonnen in ihrem Pavillon, ungestört vom Regen, allein mit ihrer kleinen Tochter auf dem Schoß, die sich gerade eine der Blumen aus der Deko in den Mund steckt. Ich bedanke mich von Herzen, dass ich da sein durfte. Felicity, die Braut, schaut mich mit großen Augen an: „Es ist so schön, dass du diesen Tag mit uns teilst!“ Dann lacht sie und umarmt mich fest. Phiwe schießt ein Bild von uns dreien. Im Regen, mit nassen Haaren und kalten Füßen. Aber glücklich.

A day in Soweto

So, ihr Lieben, ich habe beschlossen ein Soweto diary zu schreiben, um euch das Township etwas näher zu bringen. Es kursieren so viele Vorurteile darüber, das es sich lohnt, sich mehr damit zu beschäftigen. Da Soweto aber unglaublich groß und vielfältig ist, kann man es unmöglich in einem einzigen Beitrag umschreiben. Deshalb werde ich von Zeit zu Zeit meine Erfahrungen und Eindrücke über diesen besonderen Ort aufzeichnen. Dies ist der 1. Teil, der von unserem vergangenen Sonntag erzählt: 

Bettina und ich haben Besuch bekommen von Marlene und André aus Dänemark. Die beiden reisen seit 10 Monaten um die Welt und waren genau wie wir letztes Wochenende im Krügerpark. Meine Hochachtung vor diesem Paar ist groß: 10 Monate lang zusammen durch dick und dünn, durch 14 verschiedene Staaten und die Veränderungen die das Leben auf Reisen mit sich bringt. Ich glaube so ein Abenteuer zeigt genau, wie viel eine Beziehung taugt. Entweder man hat sich danach richtig satt, oder es ist klar: wir sind ein verdammt gutes Team. Bei André und Marlene sind die Würfel gefallen: Seit Februar sind die beiden verlobt. 
Gegen Mittag treffen wir uns auf ein gemeinsames Lunch in der Vilakazi Street. Dies ist wohl die bei Touristen beliebteste und auch geschichtsträchstigste Straße Sowetos. Hier wohnte einst Nelson Mandela mit seiner Familie, bevor er für mehr als zwanzig Jahre hinter Gitter gesperrt wurde. Es handelt sich um ein schlichtes Haus mit kleinem Garten. Etwas weiter die Straße hinunter wohnte Desmond Tutu. Der südafrikanische Priester hat viel zur friedlichen Versöhnung zwischen Schwarz und Weiß nach der Zeit der Apartheid beigetragen. Heute ist der gute Mann des Trubels in Soweto überdrüssig und wohnt daher im Süden des Landes.
Nach dem Mittagessen, einem kurzen Besuch im Mandela House und einem Eis treffen wir uns mit Phiwe. Er ist einer der lokalen Profis wenn es um das Thema Geschichte Sowetos geht. Bettina und ich haben den Mittzwanziger auf unserer City Sightseeing Tour kennengelernt und eine spontane Privatführung bekommen. Er erzählte uns dann zum Beispiel, dass die Mandelas eigentlich nicht in diesem Haus gewohnt haben. Das Originalhaus stand zwar an ebendiesem Platz, ist aber abgebrannt worden. Zudem zeigt er uns den versteckten Ort, an dem Winnie Mandela (Nelsons Frau) noch heute lebt. Wir erfuhren, dass Nelson nicht der richtige Name des berühmten Idols war. Dieser Name wurde ihm eher willkürlich – wie vielen seiner Mitschüler damals – von seiner britischen Lehrerin verpasst. Afrikanische Namen galten als nicht akzeptabel in der britischen Kolonialzeit.

Heute führt uns Phiwe weiter in ein anderes Township Sowetos, zum Oppenheimer Tower. Dieser wurde zu Zeiten der Apartheid errichtet, sodass die weißen Soldaten die Townshipbewohner stets im Blick und unter Kontrolle hatten. Es wurden spontane Passkontrollen durchgeführt wenn sich Gruppen von mehr als 4 Personen auf der Straße befanden und nach einer gewissen Uhrzeit durften die Menschen ihre Häuser nicht mehr verlassen. Dieses Gewaltregime erinnert mich an ein polnisches Ghetto im zweiten Weltkrieg, von dem der Roman „Jakob der Lügner“ erzählt. Ich fühle mich sehr komisch als Weiße von diesem Turm hinunter auf Soweto zu blicken, denn hier in Südafrika liegen die Zeiten der Rassentrennung noch keine 25 Jahre zurück.

Blick vom Oppenheimer Tower über Soweto

Nach der Besichtigung des Turms schauen wir uns noch ein kleines „Dorf“ an, bei dem es sich mehr um eine Art Kunst- und Kultstätte handelt. Diese wurde von Credo Mutwa angelegt, einem Künstler und selbsternannten Propheten. Im Zentrum mehrerer strohbedachter Häuser stehen übermannsgroße handgeformte Statuen aus lehmartigen Material, welche beispielsweise in grün angestrichen sind. Diese Figuren sollen uns die Kultur der Zulu und ihre Glaubensvorstellungen etwas näher bringen. Im Gegensatz zu vielen christlich geprägten Menschen gehen die Zulu davon aus, dass Gott nicht als Vater, Sohn und heiliger Geist existiert. Viel mehr steht eine Frau, nämlich die Mutter Natur im Zentrum der Dinge. Sie hat die Welt quasi selbst geboren und ist gleichzeitig alles, was auf ihr ist. Sie wird als stark und wehrhaft mit einem Speer dargestellt. Auch hier finden wir den Vater, den Sohn und den heiligen Geist, doch die Mutter scheint die wichtigste Konstante zu sein.

Mutter Natur mit ihren Kindern, den Menschen die sich streiten und sie nicht wertschätzen
Der Aloe ist in vielen Gärten und Parks zu finden: Man glaubt, dass er den Blitz vom Haus fernhält.

Dieser kleine Einblick weckt in mir wieder einmal das Interesse, mehr über südafrikanische Kulturen wie die der Zulu zu erfahren. Auch unsere dänischen Gäste sind beeindruckt.
Nach diesem kulturellen Exkurs laufen wir zum Theater von Soweto, das aber leider schon geschlossen hat. Also halten wir uns ein Minibustaxi an und fahren zurück nach Orlando West. Phiwe meint, ihm sei kalt und er wolle kurz nach Hause, um sich eine Jacke zu holen, bevor wir abendessen gehen. Also stehenen wir kurze Zeit später mit versammelter Mannschaft bei Familie Kumalo im Wohnzimmer, wo Phiwes Eltern gerade Abendbrot machen. Wir etnschuldigen uns für unser unangekündigtes Hereinplatzen, doch damit scheinen die beiden nicht das geringste Problem zu haben. Phiwes Papa bietet André prompt etwas Pap und Fleisch von seinem Teller an und die Mama fragt uns aus. Das Zimmer ist von ihr selbst liebevoll gestaltet und dekoriert worden. Als wir fünf Minuten später gehen wollen, zückt sie  ihr Handy, um noch etliche Gruppenfotos zu machen. Mit einem Grinsen verlassen wir das Haus. Es ist immer wieder toll so viel Gastfreundlichkeit zu spüren und so willkommen zu sein. Unser Freund und Reiseleiter erzählt uns mehr über seine Familie und über sein Vorhaben ein eigenes Unternehmen zu gründen, dass Führungen durch die Townships anbietet. Es ist echt unbezahlbar, einen Local zu kennen und sich von ihm oder ihr die kleinen und besonderen Ecken eines Ortes zeigen und erklären zu lassen. So zeigt uns Phiwe zum Abschluss des Abends noch einen Club, der etwas abseits liegt. Wunderschön mit Lichterketten geschmückt ist das riesige Zelt im Freien. Laute Musik überall und Einheimische die sich auf ein Bier oder Savannah (sehr leckerer Cider) um die Biergartengarnituren versammeln. Wir bestellen Pap und Braaivleis für alle und genießen den restlichen Abend… 

Safari Teil 2

Sonnenuntergang in der Savanne: heute sind wir den ganzen Tag lang mit dem Geländewagen im Park unterwegs gewesen
Kleine Elefantenfamilie ♡ von diesen Exemplaren haben wir heute etliche beobachten dürfen

Baboons und Elefanten – wer beobachtet wen?

Babyeule – wollte eigentlich schlafen aber wurde ständig geknipst!
Meine absoluten Lieblinge bisher! Diese Tiere sind so grazil mit ihren unendlich langen Wimpern und ihren Staksbeinen. Und gleichzeitig sehr neugierig. Den Unterschied zwischen Männlein und Weiblein erkennt man daran, dass die Giraffendamen schlankere und haarigere Hörner haben.

Blick über den Krügerpark